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Patientenrechte

Vertragsbeziehungen spielen in unserem täglichen Leben eine wichtige Rolle. Ob Sie Lebensmittel einkaufen, Handwerksleistungen bestellen oder sich im Friseurgeschäft die Haare schneiden lassen: In einem Vertrag einigen sich zwei Parteien, eine bestimmte Leistung sowie Gegenleistung zu erbringen. Auch mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt schließen Sie einen Vertrag ab – den sogenannten Behandlungsvertrag. Der Vertrag kommt zumeist allein durch Ihr Verhalten zustande, wenn Sie eine Arztpraxis betreten und sich dort behandeln lassen. Hierzu müssen Sie in der Regel nichts unterzeichnen.

zu sehen ist ein Gespräch einer jungen Frau mit einer Ärztin
Quelle: AdobeStock / New-Africa

Behandlungsvertrag

Ihre Vertragspartnerinnen und Vertragspartner sind die Behandelnden, z. B. eine Ärztin, ein Psychotherapeut oder eine Heilpraktikerin. Diese verpflichten sich die medizinische Behandlung zu erbringen. Sie als Patientin oder Patient möchten diese in Anspruch nehmen.
Der medizinische Behandlungsvertrag ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. In einem eigenen Abschnitt (§ 630a bis § 630h BGB) wird das Vertragsverhältnis zwischen Behandelnden und Patientinnen und Patienten geregelt.

Informations- und Aufklärungspflichten

Patientinnen und Patienten müssen umfassend über alles aufgeklärt werden, was für die Behandlung wichtig ist, also zum Beispiel die Diagnose, die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung und die richtige Therapie. Denn nur eine sorgfältige und umfassende Aufklärung führt dazu, dass der Patient sein Selbstbestimmungsrecht ausüben und über seine Einwilligung in einen Eingriff wohlüberlegt entscheiden kann. Umfassend, das bedeutet Aufklärung über Risiken, Chancen und Behandlungsalternativen.

Das Gesetz fordert insoweit eine „verständliche“ Information des Patienten. Der Behandelnde muss sich sprachlich auf den Patienten einstellen und darf sich nicht nur im Fachjargon ausdrücken. Rechtzeitig vor einem Eingriff muss ein mündliches Aufklärungsgespräch geführt werden. Dann kann der Patient, wenn er etwas nicht versteht, gleich nachfragen und hat Zeit, sich seine Entscheidung in Ruhe zu überlegen. Die Aufklärung darf also nicht erst erfolgen, wenn der Patient mit Schmerz- und Beruhigungsmitteln versehen auf einer Trage liegt und auf den Eingriff vorbereitet wird. Der Patient soll die von ihm unterzeichneten Unterlagen ausgehändigt bekommen und kann diese dann mit nach Hause nehmen.

Beispiel:
Der Patient, der wegen einer Verletzung am Bein im Krankenhaus behandelt wird, erleidet dort aufgrund einer Beinvenenthrombose eine Lungenembolie und stirbt. Im Prozess behaupten die Erben des Patienten, dass der Arzt keine Thromboseprophylaxe durchgeführt habe, mit deren Durchführung der Tod hätte verhindert werden können. Der Arzt behauptet, diese durchgeführt zu haben; die Durchführung der Prophylaxe ist allerdings in der Krankenakte nicht dokumentiert. Nun wird rechtlich davon ausgegangen, dass die Thromboseprophylaxe unterblieben ist. Der Arzt kann dies nur durch den Beweis des Gegenteils widerlegen. Da die unterbliebene Thromboseprophylaxe in diesem Fall auch als grober Behandlungsfehler angesehen werden kann, gilt in der Folge zugunsten des Patienten, dass die unterbliebene Prophylaxe auch für die Lungenembolie ursächlich war. Auch diese Vermutung könnte der Arzt nur durch den Beweis des Gegenteils widerlegen.

Individuelle Gesundheitsleistungen („IGeL“)

Individuelle Gesundheitsleistungen („IGeL“) sind Leistungen, die von den meisten Krankenkassen nicht übernommen werden - zum Beispiel Reiseschutzimpfungen. Wichtig ist, dass der Patient dies vorher weiß und nicht später überrascht wird, wenn er die Behandlung aus eigener Tasche zahlen muss. Deshalb muss ihn der Behandelnde vorher über die voraussichtlichen Kosten einer solchen Behandlung informieren.

Bietet der Arzt also eine Akupunktur oder eine reisemedizinische Impfung an, so muss er genau angeben, wie hoch die dafür entstehenden Kosten sein werden. Ein pauschaler Hinweis auf ein Kostenrisiko reicht nicht. Vielmehr muss der voraussichtliche Betrag konkret beziffert werden. Hält sich der Behandelnde nicht daran, darf er später die Kosten nicht vom Patienten einfordern.

Patientenakte und Einsichtsrecht

Gesetzlich festgelegt ist die Pflicht des Behandelnden, sämtliche für die Dokumentation wichtigen Umstände zeitnah in der Patientenakte zu dokumentieren und sie sorgfältig und vollständig zu führen. Zu dokumentieren sind insbesondere Befunde, Eingriffe und ihre Wirkungen sowie Einwilligungen und Aufklärungen.

Selbstverständlich darf der Patient jederzeit auch Einsicht in seine vollständige Patientenakte nehmen und Kopien davon anfertigen. Lehnt der Behandelnde die Einsichtnahme ab, muss er seine Ablehnung begründen.
Wird die Akte später geändert oder ergänzt, muss dies kenntlich gemacht werden, damit nichts vertuscht werden kann.

Das gilt auch für elektronisch geführte Akten. Die Dokumentation ist besonders wichtig in Haftungsfällen - wenn also nach einem Behandlungsfehler geklagt wird. Die Dokumentation ist dann ein wichtiges Beweismittel im Prozess. Hat der Behandelnde gegen seine Befunderhebungs- oder Befundsicherungspflicht verstoßen, bleibt unklar, ob der Behandelnde einen Befund überhaupt erhoben oder einen erhobenen Befund tatsächlich richtig gedeutet hat. Damit der Patient dennoch Beweis führen kann, wird zu Lasten des Behandelnden vermutet, dass die nicht dokumentierte Maßnahme auch nicht erfolgt ist.

Beispiel:
Der Patient, der aufgrund einer Verletzung am Bein im Krankenhaus behandelt wird, erleidet dort aufgrund einer Beinvenenthrombose eine Lungenembolie und stirbt. Im Prozess behaupten die Erben des Patienten, dass der Arzt keine Thromboseprophylaxe durchgeführt habe, mit deren Durchführung der Tod hätte verhindert werden können. Der Arzt behauptet, diese durchgeführt zu haben; die Durchführung der Prophylaxe ist allerdings in der Krankenakte nicht dokumentiert. Nun wird rechtlich davon ausgegangen, dass die Thromboseprophylaxe unterblieben ist. Da die unterbliebene Thromboseprophylaxe in diesem Fall auch als grober Behandlungsfehler angesehen werden kann, gilt in der Folge zugunsten des Patienten, dass die unterbliebene Prophylaxe auch für die Lungenembolie ursächlich war.

Behandlungsfehler

Für Haftungsfälle wegen Behandlungs- und Aufklärungsfehlern gibt es mehr Transparenz und Offenheit. Gesetzlich festgelegt ist, dass der Behandelnde unter bestimmten Voraussetzungen dazu verpflichtet ist, eigene Fehler zuzugeben und die Fehler anderer Behandelnder offenzulegen.

Außerdem sind die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Beweiserleichterungen ausdrücklich gesetzlich geregelt worden. Damit kann jetzt jeder im Gesetz nachlesen, wer im Prozess was beweisen muss. So sind für bestimmte Fallgruppen wie den „groben Behandlungsfehler“ Beweiserleichterungen zugunsten des Patienten vorgesehen.

Beispiel:
Ein Arzt unterlässt eine zwingend erforderliche Desinfektion vor einer Injektionsbehandlung. Die Wunde entzündet sich. Nun wird davon ausgegangen, dass die fehlende Desinfektion für die Entzündung ursächlich war. Es ist dann die Aufgabe des Arztes, das Gegenteil zu beweisen.

Weitere Beweiserleichterungen betreffen etwa das sogenannte „voll beherrschbare Risiko“ und den sogenannten „Anfängerfehler“. Verwirklicht sich bei der Behandlung ein sogenanntes allgemeines Behandlungsrisiko, das für den Behandelnden voll beherrschbar war, so wird ein Behandlungsfehler vermutet.

Der Patient muss also darauf vertrauen können, dass der Behandelnde alles Erforderliche unternehmen werde, um ihn zumindest vor den mit der Behandlung verbundenen typischen Gefahren zu schützen.

Beispiel:
Ein Patient unter Narkose fällt im Verlaufe einer Operation vom Operationstisch. Hier wird im Regelfall vermutet, dass er nicht ordentlich gesichert war. Der Behandelnde ist dann für diesen Fehler verantwortlich.

Außerdem werden Patientinnen und Patienten bei dem Verdacht, dass ein Behandlungsfehler vorliegt, nicht allein gelassen. Im Gesetz ist vorgesehen, dass die Krankenkassen verpflichtet sind, ihre Versicherten bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen aus Behandlungsfehlern zu unterstützen.

Individuelle Unterstützung und Beratung erhalten Patientinnen und Patienten bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland

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