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Wer bei Corona- Protesten gegen Recht verstößt, zu Gewalt aufruft, dem drohen Konsequenzen

Schwerpunktthema: Donaukurier Ingolstadt

Bundesjustizminister Marco Buschmann im Gespräch mit dem Redaktionsbüro Herholz

Interviews und Gastbeiträge

Herr Buschmann, spricht für Ihr Haus verfassungsrechtlich irgendetwas gegen eine allgemeine Impfpflicht?

Wie bei jedem Grundrechtseingriff ist die Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Derzeit diskutieren die Abgeordneten intensiv über Gruppenanträge zur Impfpflicht. Je nachdem, welche Ausprägung einer Impfpflicht man verfolgt – hier gibt es ja nicht nur schwarz und weiß – stellen sich in diesem Zusammenhang verschiedene Fragen. Die Bundesregierung bietet gerne ihre Unterstützung an, zu beraten oder Anträge zu prüfen, wenn das gewünscht ist. Am Ende lässt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit einer Impfpflicht erst beantworten, wenn konkrete Regelungsvorschläge vorliegen.

Hat die hochansteckende, aber offenbar mildere Omikron-Virusvariante die Vorzeichen für die Impfpflicht-Debatte verändert?

Das Ziel der Corona-Schutzmaßnahmen ist klar: Wir müssen verhindern, dass zu viele Menschen in den Krankenhäusern gleichzeitig behandelt werden müssen. Denn dies könnte das öffentliche Gesundheitssystem überlasten mit der Folge, dass sehr viele Menschen sterben. Bislang sagt uns der Corona-Expertenrat der Bundesregierung, dass die höhere Infektiosität von Omikron den milderen Verlauf bei der Belastung des Gesundheitssystems kompensiert. Akut gibt es daher keine Entwarnung. Sollte die Entwicklung der nächsten Zeit jedoch belegen, dass sich Inzidenz, die Zahl der schweren Verläufe und damit die Belastung der Krankenhäuser immer stärker entkoppeln, wird man die Schutzmaßnahmen neu bewerten müssen.

Besteht Zeitdruck bei der Impfpflicht-Entscheidung?

Ich persönlich bin der Meinung, dass man die Entscheidung zügig treffen sollte. Sie muss aber vorher im Parlament sorgfältig diskutiert werden. Der Bundestag hat allerdings wiederholt gezeigt, dass er in der Lage ist, Tempo und Sorgfalt miteinander zu verbinden. Verfassungsschutzpräsident Haldenwang hat vor einer neuen Szene von Staatsfeinden mit Verbindungen zu den Corona-Protesten gewarnt.

Hat der Rechtsstaat ein Akzeptanzproblem?

Ich teile die Sorge von Herrn Haldenwang, dass es eine kleine Gruppe von Menschen gibt, die sich radikalisieren. Wir sehen auch, dass radikale Extremisten versuchen, Corona-Proteste für sich zu nutzen. Aber für die ganz übergroße Mehrheit der Bürger gilt das nicht. Ich bin fest davon überzeugt, dass der übergroße Teil der Menschen zum Grundgesetz und zu unserem Staat steht, auch wenn einige davon einzelne politische Maßnahmen kritisieren. Dabei ist klar: Das Recht zu demonstrieren ist in einer Demokratie ein hohes Gut. Gleichzeitig muss die Ausübung friedlich und ohne Waffen geschehen. Das ist die eindeutige Sprache des Grundgesetzes.

Mit Blick auf Ausschreitungen bei Corona-Protesten, auf Attacken gegen Polizisten und Journalisten: Reicht das gesetzliche Instrumentarium dagegen aus?

Die rechtlichen Instrumente liegen alle auf dem Tisch. Dies gilt auch und gerade bei Bedrohungen, Aufrufen zur Gewalt oder „Feindeslisten“. All das ist strafbar, das Strafrecht ist hier eindeutig. Die Verfolgung solcher Straftaten, für die die Polizei und die Justiz in den Bundesländern zuständig ist, läuft in vielen Feldern auch erfolgreich. Wichtig ist meiner Meinung nach, dass wir den Fahndungsdruck im Netz erhöhen. Dazu können Online-Streifen einen wichtigen Beitrag leisten. Wir erwarten die Präsenz der Polizei auf öffentlichen Plätzen der analogen Welt. Also muss die Polizei auch auf öffentlichen Plätzen der digitalen Welt präsent sein und einschreiten, wenn dort Recht verletzt wird.

Eine besondere Rolle hat zuletzt der Message-Dienst Telegram in Hinblick auf Hass und Gewaltaufrufe gespielt. Wie ist der Stand im Vorgehen dagegen?

Telegram betätigt sich wie ein soziales Netzwerk, denn viele Äußerungen, die dort verbreitet werden, sind öffentlich zugänglich und erreichen teilweise eine sehr große Zahl von Personen. Wird dort zu Gewalt aufgerufen, muss dagegen mit allen Mitteln des Strafrechts konsequent vorgegangen werden. Es gelingen immer wieder Fahndungserfolge, auch mit Hilfe der erwähnten Online-Streifen. Ich plädiere hier für einen anhaltend hohen Fahndungsdruck. Was die Frage angeht, ob Telegram sich an alle bei uns geltenden Gesetze hält: Das ist objektiv nicht der Fall. So benennt Telegram zum Beispiel keinen Ansprechpartner in Deutschland für unsere Behörden. Deshalb haben wir hier Bußgeldverfahren eingeleitet. Jedoch gibt es Probleme bei der Zustellung in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Können unsere Schreiben nicht innerhalb angemessener Frist zugestellt werden, werden wir zu einer öffentlichen Zustellung durch Veröffentlichung im Bundesanzeiger greifen. Zudem bin ich hier auf europäischer Ebene aktiv. Denn ein gemeinsames Handeln Europas ist bei Phänomenen der digitalen Globalisierung häufig erfolgversprechender als ein nationaler Alleingang.

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